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Die Geschichte des größten Luftkampfes über Tirol
im Zweiten Weltkrieg am 3. August 1944

Diese Geschichte erhebt weder Anspruch auf Richtigkeit noch auf Vollständigkeit, sondern ist eine Dokumentation der Recherchen der Autoren, die sich zum überwiegenden Teil aus Gesprächen und Aufzeichnungen von Gefechtsteilnehmern und von Keith Bullock ergeben haben.

Ihm und den Angehörigen der Gefallenen beider Seiten sei es gewidmet.

Ehrwald im Juli 2001, Gerd Leitner und Paul Richter


Zur Situation

Im Weltkrieg II (1939-1945) hatte sich das Kriegsglück im Jahr 1944 schon längst den Alliierten zugewandt. Die Schlacht um Stalingrad war Anfang des Jahres 1943 ebenso für Deutschland verloren gegangen, wie die Luftschlacht um England. Die Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 brachte Hitlerdeutschland neben der Ost– und Südfront eine weitere Front im Westen.

Die Landung alliierter Truppen im Herbst 1943 auf Sizilien im Süden Italiens brachte diese in die Lage, nunmehr den Bombenkrieg nach Deutschland nicht nur von Norden/England, sondern auch von Süden aus zu führen. Im Sommer 1944 verlief die Kriegsfront ca. 100 km südlich von Rom. Die Alliierten hatten nach Ihrem Landgewinn im Süden Italiens, vornehmlich in der Provinz Apulien, zahlreiche Luftstützpunkte errichtet und waren in der Lage mit ihren Langstreckenbombern den Süden Deutschlands wie auch Österreich zu erreichen. Die stationierte 15. USAF Luftflotte* verfügte in diesen Tagen über mehr als 1.000 Bomber und einer fast ebenso großen Anzahl Begleitjäger und war in der Lage an einem Tag an die 2.000 Flugzeuge in den Kampf zu schicken. Dabei konnte sie auf eine umfangreiche Infrastruktur und Logistik zurückgreifen, da neben unzähligem anderen Gerät für das fliegende Personal, pro Tag mindestens 10.000 Bomben, mindestens 10.000 Sauerstoffflaschen und 15 Millionen Liter Flugbenzin bereitgestellt werden mussten. Im Jahr 1944 verfügte die Luftwaffe der USA mit einem Mannschaftsstand von 2,.3 Millionen auch über die höchste Anzahl von Flugzeugen.

Die Bombardierungen gegen Hitlerdeutschland wurden von den Alliierten in der Weise durchgeführt, als England die Bombardements vornehmlich in der Nacht und Amerika die Tag-Bombardements, vornehmlich auf militärische Ziele, Verkehrsanlagen und auf die deutsche Rüstungsindustrie vor vornahmen.

Trotz gewaltigen Einsatzes von Menschen und Material (es wurden im 2. Weltkrieg von den Alliierten mindestens 50.000 Bombenflugzeuge diverser Typen eingesetzt, haben sich die verfolgten Ziele - die Zivilbevölkerung durch die Nachtbombardements zu demoralisieren und damit gegen die Reichsführung aufzubringen, bzw. die deutsche Rüstungsindustrie entscheidend zu schwächen - erst sehr spät, bzw. kaum eingestellt. Dies zeigte sich vor allem daran, dass die deutsche Rüstung ihre höchste Produktivität im Kriegsjahr 1944 erreichte. Verantwortlich dafür war, dass die Produktionsstätten verlagert, teilweise sogar unterirdisch, anderseits aber auch darin zu sehen war, dass die Treffergenauigkeit der Bomber aus 6.500 m einfach ungenau war. Im Gegensatz dazu richteten die Flächenbombardements auf Städte größte Schäden an und machten manche deutsche Stadt zu einem einzigen Trümmerhaufen.

Die deutsche Abwehr gegen die feindlichen Bomberstaffeln bestand entweder aus stationierten FLAK (Flugzeugabwehrkanone) oder aus schnellen, wendigen Jagdflugzeugen, die die eher schwerfälligen Bomber in der Luft angriffen. Diese schützten sich einerseits dadurch, dass in ihren Maschinen bis zu 10 Bordkanonen installiert waren, die Bomber nur mehr in geschlossenen Formationen operierten und vor allem dadurch, dass Langstreckenjäger (z.B. P-57 Thunderbolt) die Staffeln begleiteten. Ein Muster dieser Bordkanonen (Brendlkar) befindet sich im Ehrwalder Heimatmuseum.

Legendären Ruf hatte die deutsche „8,8 Flak,“ die auch im Erdkampf z.B. am Fernpass zum Kriegsende 1945 eingesetzt wurde. 2 im Bereich des heutigen Gasthauses Zugspitzblick stationierte Flak brachten den amerikanischen Panzervorstoß über den Fernpass für Tage zum Stehen und konnten erst durch massiven Artilleriebeschuss von Ehrwald aus ausgeschaltet werden.

Ab dem Juli 1944 kam es in Tirol zu mehreren Bombenangriffen auf Innsbruck und anderen Tiroler Orten und vor allem auf die Brenner Bahnlinie, die für den Nachschub der deutschen Truppen in Italien lebenswichtig war. Fast täglich überflogen Bomberstaffeln das Ausserfern um offensichtlich Ziele im Süden Deutschlands anzugreifen.

Die Bevölkerung des Talkessels von Ehrwald wurde an solchen Tagen vom Herannahen der feindlichen Bomber durch eine Sirene alarmiert, die auf einem Stadel unterhalb der Bahnlinie Ehrwald/Lermoos stationiert war. Die überfliegenden Bomberverbände haben jedoch kaum zu einer Beeinträchtigung des täglichen Lebens geführt, es sei denn, dass sich die Kinder des Dorfes an den herabfliegenden Staniolstreifen erfreuten, die die deutsche Radarortung erschweren sollten.

Vollkommen anders zeigte jedoch die Situation auf den Flugfeldern der deutschen Jagdflieger. Dort zwang im Jahre 1944 der Mangel an Treibstoff, Munition und Mannschaften bereits zu einer selektiven Angriffsführung und nicht jeder einfliegende Bomberverband konnte angegriffen werden. Ausgeglichen wurde dieses Manko vom enormen Einsatzwillen und dem fliegerischen Können der Jagdflieger.


Die amerikanischen Bomber

Bei Kriegsbeginn verfügte die US-Luftwaffe mit der B-17 (Flying Fortress) lediglich über ein einziges, schweres Bombermodell, sodass im Jahre 1939 der Auftrag erteilt wurde, einen weiteren strategischen Bomber zu entwickeln, der der B-17 sowohl in Reichweite, wie in der Bombenlast überlegen sein sollte. Den Auftrag dazu erhielt von der US-Regierung die Fa. Consolitated in San Diego/Kalifornien. Die Konzeption und Konstruktion, die teilweise auf ein erprobtes Wasserflugzeug dieser Firma aufbaute, konnte innerhalb eines Jahres vollzogen werden. Der Jungfernflug des neuen Bombers mit der Bezeichnung XB-24 erfolgte schon am 2. Jänner 1940.

Ab dem Kriegsjahr 1941, als sich die Lage der Alliierten gegen Deutschland kritisch darstellte, wurde dieser Bomber von der US-Luftwaffe am 20. Juni 1941 erstmalig in Dienst gestellt und bis zum April 1946 in großer Stückzahl und auf allen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Erstmalig im Flugzeugbau wurde bei diesem Baumuster das Schwerpunktdreieck eines Flugzeuges in den vorderen Bereich verlegt, kein Heckrad angebaut, sondern mittels eines Bugrades die Manövrierfähigkeit auf dem Boden bewerkstelligt. Starts und Landungen waren somit in leicht angestellter Fluglage möglich. Diese Art der Konstruktion, wie auch die erstmals eingesetzten Fowler Landeklappen zur Auftriebsvergrößerung wurden letztlich wegweisend für alle späteren gebauten militärischen und nichtmilitärischen Flugzeugtypen.

Bei dem z.B. im Brendlkar abgestürzten Flugzeug handelte es sich um den Typ Liberator B-24 H, der von der Autofirma Ford in Lizenz im August 1943 gebaut wurde. Nachdem sich Consolitated und die anderen drei Produktionsstätten außerstande sahen, mehr als maximal 1 bis 2 Bomber pro Tag zu produzieren, brachte sich die Firma Ford ins Spiel (in dieser Zeit war in der USA die zivile Autoproduktion untersagt) und sagte der Regierung zu, jede Stunde mindestens einen Bomber vom Band laufen zu lassen. Nachdem dieser Auftrag vergeben war, errichtete Ford in Willow Run (ein Flugfeld ca. 50km östlich von Detroid im Staat Michigan) eine Produktionsstätte für diesen Bombertyp. Die Massenproduktion zu organisieren wurde einem gewissen Mister Sörensen übertragen, der schon die Produktion des legendären Ford-T Modells unter sich hatte. Dieser Bomber wurde vornehmlich aus Aluminium, aus insgesamt 1.250.000 Einzelteilen, von nicht weniger als hunderttausend Arbeitern auf Fließbändern gefertigt, die eine Länge von fast 30 km hatten. Der komplette Bomber kostete 1944 der US Regierung pro Stück 215.516,- Dollar.

Die Leistung, der mittels einer zusätzlichen Abgasturbine aufgeladenen vier 14-zylindrigen Sternmotoren der Firma Pratt & Whitney belief sich auf je 1.200 PS. Jeder der Hamilton Leichtmetallpropeller - ein vollständig erhaltener Propeller ist im Kriegerfriedhof Lermoos zu segen - wog 250 kg und konnte hydraulisch auf optimale Steigwinkel eingestellt werden. Die Fluggeschwindigkeit des Bombers betrug 467 kmh, die Reichweite 7.400 km. Somit konnte das Flugzeug eine Bombenlast von 4.000 kg über eine Strecke von 3.800 km transportieren und bis zu 18 Stunden in der Luft bleiben. Damit war dieser Bombertyp auch sehr geeignet auf Patrouillenflügen im Atlantik die deutschen U-Boote zu bekämpfen, denen mit Radarortung und speziellen Wasserbomben das Leben sehr schwer gemacht wurde. Die Verluste der Deutschen U-Boot Waffe waren im Jahre 1944 bereits derart groß, dass deren Bedrohung auf Kriegsschiffe und Geleitzüge auf fast null zurückging.

Der Liberator galt bei den Piloten zwar als ungemein zuverlässig, aber nicht leicht zu fliegen. Die Steuerung erfolgte über 5 mm Stahlseile, wobei die ausfahrbaren Klappen der Motorverkleidungen eingesetzt wurden, die vorhandene Hecklastigkeit der Flugzeuge auszugleichen. Die Liberators beginnend mit dem Baumuster „A“ unterliefen in ihrem 6-jährigen Produktionszyklus unzähligen Verbesserungen und Modifikationen. Speziell die Abwehrbewaffnung wurde für den Kriegsschauplatz Europa laufend erweitert und verstärkt, sodass schon die Bomber ab der Serie „H“ (Brendlkar) über vier hydraulisch betätigte Doppel-Gefechtstürme verfügten. Es gab je einen Gefechtsturm an der Rumpfspitze, einen im Heck, einen an der Rumpfoberseite und einen ausfahrbaren Plexiglas-Gefechtsturm an der Unterseite des Rumpfes in dem z.B. Lee Engelhorn (Brendlkar) seinen gefährlichen Dienst versah. Zusätzlich war an beiden Seiten des hinteren Rumpfes je ein halboffener Gefechtsstand installiert, wo durch Hochschieben der Seitenfenster Bordkanonen in Stellung gebracht wurden. Bedingt durch die vielen Änderungen, wie z.B. selbstversiegelnde Tanks mit einem Fassungsvermögen von 12.500 Litern, (Verbrauch ca. 1.000 l pro Stunde) wie Panzerplatten zum Schutz der Mannschaft, Hydraulik und Zieleinrichtungen, wie Enteisungsanlagen usw. hatte der Bomber zuletzt ein Gewicht von 32 Tonnen (12 Tonnen mehr als der Prototyp) und war an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Um mit den überladenen Bombern überhaupt starten zu können, wurden an den letzten Baumustern bis zu 8 kleine Jet-Antriebe an der Außenseite des Rumpfes angebaut. Die Bomber hatten weder Heizung noch Druckausgleich. Da auch die Abdichtung der Gefechtstürme nur unzureichend gegeben war, herrschten in den Flugzeugen während der Feindeinsätze ständig starke Zugluft und Temperaturen unter Null Grad. Um die 10- bis 16-stündigen Einsatzflüge durchführen zu können, musste mit dicker Bomberbekleidung und heizbaren Anzügen geflogen werden. Darüber hinaus mussten alle Crewmitglieder immer an das Sauerstoffsystem angeschlossen sein. Dieses bestand aus einer Anzahl von Sauerstoffflaschen, die überall im Flugzeug festgezurrt waren. Bedingt durch den Lärm, der in keiner Weise schallgedämpften Motore, war eine Verständigung nur durch Mikrofone und Kopfhörer möglich.

Die Bomben, bis zu 24 Stück je ca. 200 kg, waren in 4 horizontalen Bombenschächten untergebracht und konnten vom Bombenschützen einzeln oder in Serien elektronisch ausgelöst werden. Dazu wurden, die mit Rollos verschlossenen Bombenluken hydraulisch geöffnet. Diese Luken wurden manchmal auch während des normalen Flugbetriebs teilweise geöffnet um die vorhandenen Treibstoffdämpfe zu eliminieren.

Die Fallschirme für die Mannschaft wurden infolge der Enge, die in den Bombern herrschte nicht getragen, sondern waren im Rumpf des Bombers untergebracht und wurden erst kurz vor dem Absprung umgeschnallt. Um bei Notlandungen im Feindgebiet möglichst keine voll funktionsfähigen Maschinen in Hände der Gegner fallen zu lassen, konnte durch eine verzögerte Explosion wichtige Teile des Bombers zerstört werden. In der Instruktion für das Verhalten der Besatzungsmitglieder ist angegeben, dass im Falle einer Notlandung zuerst alle Bomben und Munition und auch alle 10 Bordkanonen abzuwerfen sind. Für derartige Ernstfälle waren Notrationen und kleine Wasservorräte vorhanden. Eine dieser Blechdosen für Notfälle befindet sich im Ehrwalder Heimatmuseum.

Der Liberator war und ist mit 18.160 Stück das meistgebaute Bombenflugzeug weltweit und es gab Maschinen, die es auf über 100 Einsätze brachten. Unversehrt in deutsche Hände gelangte Bomber wurden auch von diesen wieder eingesetzt. Große Bedeutung erhielt der Bomber auch im Kampf der Alliierten gegen Japan im Südpazifik.

Die zwei auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben wurden jedoch nicht aus einem Liberator sondern aus einer B-29 Superfortress (Boeing), welche am 6. und 9. August 1945 von den Marianeninseln gestartet war, abgeworfen. In diesem Zusammenhang kann nicht unerwähnt bleiben, dass der älteste Bruder des späteren amerikanischen Präsidenten Joseph Kennedy, in einem ohne Fremdeinwirkung explodierenden Liberator umgekommen ist. Dieser Bomber war als unbemannte Drohne von ihm in feindliche Stellungen dirigiert worden, und vor seinem Absprung aus dem Flugzeug explodiert.
Auch der englische Premier Churchill verwendete während des Krieges einen adaptieren Liberator als sein persönliches Transportmittel.

Das größte Drama für diesen Bombertyp und deren Besatzungen ereignete sich am 1. August 1943 als 164 Maschinen die Erdölraffinerien von Ploesti/Rumänien im Tiefflug angriffen und wovon 53 von der deutschen Flak abgeschossen wurden. Dies hinderte jedoch die amerikanische Kriegsführung nicht daran, Ploesti noch mehrmals anzugreifen, da dies als eines der wichtigsten strategischen Ziele gegen Hitlerdeutschland erachtet wurde.

Wenn das Flugzeug durch Kampfeinwirkungen oder technische Gebrechen verlassen werden musste, wurde vom Piloten der Befehl zu Ausstieg über, die dann hoffentlich noch funktionierende Sprechverbindung gegeben. Als Erster hatte der Navigator durch Herausdrücken des Bugrades einen Ausstieg zu öffnen und das Flugzeug zu verlassen. Durch diese Luke verließ dann auch der Bug- und der Bombenschütze das Flugzeug. Die beiden Piloten hatten separate Ausstiegsluken nach oben hinter der Kanzel. Funker und der Rest der Mannschaft hatte das Flugzeug entweder durch die hinteren Fensterluken durch den normalen Einstiegsschacht oder durch die Bombenluken zu verlassen.

Als problematisch zeigten sich Notwasserungen auf hoher See. Die Rollos der Bombenluken konnten dem Wasserdruck nicht standhalten und wurden eingedrückt. Die Bomber versanken in Sekunden. Die Mannschaft hatte nur sehr wenig Zeit sich in die mitgeführten Schlauchboote zu retten. Alle späteren Baumuster führten daher separate Spantenverstärkungen mit sich, die vor der Wasserung in die Bombenschächte eingeklinkt wurden.

Die Anzahl der erfolgreichen Feindeinsätze, aber auch Abbildungen leichtbekleideter Frauen wurden oftmals auf den Rumpf unter der Kanzel aufgemalt und so die Flugzeuge zu originellen, fliegenden Kunstwerken verwandelt. Wenige Exemplare wurden zu Cargo– und Truppentransporter umgebaut, die 30 Passagiere befördern konnten. In Indien waren einige dieser Exemplare noch bis in die 60er Jahre im Einsatz.

Erstmals wurde an diesem Flugzeug auch die Betankung in der Luft durchgeführt, wobei im Jahre 1942 eine B-17 durch einen Liberator betankt wurde. Abenteuerlich war dieses System der Betankung, wobei die B-17 ein langes Kabel mit einem Haken nachzog, das sich in ein seitlich vom Liberator herausgeschossenes Stahlkabel verhakte und so eine Verbindung zwischen den beiden Flugzeugen hergestellt wurde. In weiterer Folge diente ein 100 m langer Verbindungsschlauch als Treibstoffleitung.

Eine weitere Variante dieses Bombers wurde als stark gepanzertes Schlachtflugzeug konzipiert, war jedoch in der Luft derart schwerfällig, dass das Projekt wieder fallen gelassen wurde und Begleitjägern der Vorzug gegeben wurde.

Der letzte B-24 Liberator lief am 29. Juni 1945 bei Ford in Willow Run als Serie „N“ vom Band. Der letzte Liberator, der in eine Kampfhandlung verwickelt war, war der BB4Y2, der von einem sowietischen Jäger über dem Baltikum am 8. April 1950 abgeschossen wurde. Am 18. Jänner 1964 wurde dann auch der allerletzte Liberator/Privateer der US-Marine als unbemannte Versuchsdrohne mittels Raketen abgeschossen.

Da das Flugzeug für nichtmilitärische Zwecke kaum verwendbar war, wurden nach Kriegsende fast alle B-24 verschrottet. Ein kompletter Liberator der Serie "D" befindet sich im Patterson Air Museum in Dayton, im US-Bundesstaat Ohio. Laut Auskunft von Victor Cleary gibt es in der USA nur mehr ein flugfähiges Modell.


Die deutschen Jagdflugzeuge

Der Messerschmitt Jäger besaß ein 1.100 PS Triebwerk, Reihenmotor von Daimler Benz, eine Spannweite von 9,87 m und eine Besatzung von einem Piloten. Die Höchstgeschwindigkeit der ersten Baureihen betrug ca. 460 kmh, ab dem Produktionsjahr 1940 635 kmh. Entscheidend war die Bewaffnung mit zwei 20 mm Kanonen, zwei 7.9 MG und eine 20 mm Kanone durch die Propellernabe. Wesentliche Teile des Jägers und auch der Flugzeugführer war durch eine schusssichere Frontscheibe und durch leichte Panzerung geschützt. Erstflug war Mai 1935. Dieser Flugzeugtyp war Standardjäger der deutschen Luftwaffe, war damit ein Rückgrat der Reichsverteidigung. Dieses Flugzeug war auch bei allen europäischen Verbündeten des „Dritten Reiches“ im Einsatz und war vom ersten bis zum letzten Kriegstag an allen Fronten anzutreffen. Dieses Jäger wurde in dieser Zeit in vielen Varianten als Jagdflugzeug, Jagdbomber, Aufklärer, Trainer und in anderer Verwendung eingesetzt. Mit rund 35.000 gebauten Exemplare war sie wohl das meistgebaute Flugzeug weltweit. Im Laufe der Kriegsjahre ist die ME 109 , auch wegen ihrer geringen Reichweite, gegenüber den neueren amerikanischen Langstreckenjägern ins Hintertreffen geraten. Jagdangriffe wurden im direkten Anflug auf die gegnerischen Bomber durchgeführt. Die starr eingebaute Bewaffnung erforderte, das Zielobjekt direkt und auf möglichst kurze Entfernung anzufliegen.

Der FW 190 war Jagdeinsitzer und Jagdbomber der Firma Focke Wulf, Bremen. Der Erstflug war am 1. Juni 1939, also kurz vor Kriegsbeginn. Der Antrieb erfolgte bei den ersten Baumustern durch einen luftgekühlten Doppelsternmotor von BMW mit 1.600 PS Startleistung. Ab 1943 wurde der wassergekühlte 1.750 PS starke Junkers Motor eingebaut. Kurzfristig konnte die Motorleistung durch Wasser-Methanolein-spritzung auf 2.240 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 705 km-h in 11.300 m Höhe gesteigert werden.
Die Bewaffnung der Baureihe A7 bestand standardmäßig aus 6 Bordwaffen, davon vier 20 mm Kanonen ín den Flügeln. Die großkalibrigen MG‘s über dem Motor schossen durch den Propellerkreis. Im Kampf gegen die alliierten Bomberverbände wurde das Jagdflugzeug darüber hinaus mit 2 Werferrohren für 210 mm Raketen unter den Tragflächen ausgerüstet. Die FW 190 blieb das einzige neue Frontmuster, das während des Krieges in Massenfertigung ging. Der erste frontreife Düsenjäger, die ME 262, die allen anderen Jagdflugzeugen ihrer Zeit überlegen war, kam erst sehr spät und in nur geringer Anzahl zum Einsatz. Insgesamt wurden über 20.000 Exemplare ausgeliefert, davon war ein Drittel Jagdbomber, der überwiegende Teil jedoch Jagdflieger, die sich in zahlreichen Luftkämpfen dank ihrer hervorragenden Flugeigenschaften und Bewaffnung bestens bewährte.


Die Sturmgruppe IV

Seit April 44, als diese Sturmgruppe von den Fronteinsätzen zur Reichsverteidigung nach Schongau/Allgäu verlegt wurde, war Hauptmann Moritz deren Kommandant. Sie bestand aus 3 Staffeln und war mit gepanzerten FW 190 Jägern und Messerschmitts ausgerüstet. Vorrangiges Ziel war es, aus Süden einfliegenden Bomber der 15. Amerikanischen Luftwaffe entgegenzutreten.
Die ersten Erfolge erzielten diese neu aufgestellten Sturmgruppen im Juli 1944 in Oschersleben, wo fast ein ganzes Geschwader von Liberators aufgerieben wurde. Als sehr verlustreich für beide Seiten erwies sich die Angriffstechnik, die gegnerischen Bomber durch Rammen zum Absturz zu bringen. Die Sturmgruppe IV Udet in Schongau war durch Luftkämpfe Ende Juli sowohl mannschafts– wie flugzeugmässig sehr geschwächt. Dennoch sind an diesem Tag insgesamt 4 Schwärme á 4 Jäger zum Luftkampf aufgestiegen. Geführt wurde die 12. Sturmgruppe von Feldwebel Willi Unger. Oscar Bösch war mit von der Partie. Oskar Bösch, Jagdflieger dieser Staffel, flog bis zum Jahr 1945 insgesamt 120 Einsätze, wurde 6 x abgeschossen wobei er 3 x mit dem Fallschirm ausgestiegen ist und 3 Bruchlandungen machte. Er ist immer noch aktiver Flieger (2001) und Betreiber einer Flugschule in Toronto, Canada. Von seiner Staffel haben nur wenige den Krieg überlebt, die Ausfallsquote war nicht weniger als 78 Prozent.

Die Piloten der Jagdflugzeuge waren Einzelkämpfer. Hatten die schweren B-24 Bomber 10 Mann Besatzung (Pilot, Co-Pilot, Navigator, Funker, Bordingenieur, Bombenschütze und Bedienungen für die Abwehrbewaffnung) waren die Jagdflugzeugführer für alle Aufgaben allein zuständig. Sie mussten ihr Flugzeug fliegen, in der Formation zusammenhalten, waren über Funk mit den Bodenstationen verbunden, in Gefechten den taktischen Richtlinien entsprechend handeln. War ein Bomber einmal im Fadenkreuz galt es möglichst nahe heranzukommen und dann aus kürzester Distanz die Bordkanonen zu betätighen, die empfindlichen Teile des gegnerischen Flugzeugs zu treffen und im Abwehrfeuer, möglichst ohne eigene Treffer zu bekommen, abzudrehen. Es gehörte viel Mut dazu einen Angriff auf eine geschlossene Bomberformation zu fliegen, die sich auch ohne Begleitschutz mit ihren schweren Maschinenwaffen zu wehren wussten. Die Verluste an Flugzeugführern und Jagdmaschinen, die bei jedem Gefecht hingenommen werden mussten, waren im Kriegsjahr 1944 schon so hoch, dass nicht mehr jeder einfliegende Bomberverband angegriffen werden konnte. Knappheit an Munition und Treibstoff taten das ihrige. Die zurückhängende, über die Alpen abfliegende US-Bomberformation bot an diesem Tag eine gute Chance erfolgreich zu sein. Um 10:35 Uhr heißt es „Alarmstart für den Gefechtsverband!“ In Schongau starten die Focker Wulf der 10. 11. und 12. Staffel quer über den Platz, ohne Rücksicht auf die Windrichtung. Um 11:30 Uhr werden die amerikanischen Bomber erstmals gesichtet und mit „da sind sie“ wird der Angriff gestartet.


Die Mannschaften

Im Sommer 1944 bestand die Normalbesatzung eines Liberator Bombers aus 10 Mann.

1. Der Pilot, im Range eines Offiziers, er war der letztendscheidende Kommandeur des Flugzeugs. Er war auch außerhalb des Flugzeugs für seine Mannschaft verantwortlich.
2. Der Co-Pilot, meistens im Range eines Offiziers, er führte die Befehle des Piloten aus und konnte auch das Flugzeug fliegen.
3. Der Navigator, sein Arbeitsplatz war in dem Teil des Rumpfes vor der Pilotenkanzel, er hatte über die jeweilige Position des Flugzeuges Bescheid zu wissen. Wenn die Sicht es zuließ, konnte er durch kleine Fenster Landmarken orten.
4. Der Bordingenieur war für die technische Funktion der Maschine während des Einsatzes verantwortlich, im Gefecht bediente er den oberen Gefechtsturm.
5. Der Funker, sein Arbeitsplatz war in der Mitte des Flugzeugs über den Bombenschächten, er hielt die Verbindung zu den anderen Flugzeugen und eventuell auch zum Stützpunkt aufrecht. Er war für die Erste Hilfe bei Verwundungen der Besatzung zuständig und bediente im Gefecht eine der Bordkanonen im Rumpf.
6. Der Bombenschütze/Bombardier, seine Position war mehr oder weniger liegend unter dem Gefechtsturm an der Flugzeugspitze, er konnte mit Hilfe eines optischen Zielgeräts über den Autopiloten das Flugzeug während des Bomben-Zielanflugs steuern.
7. Der Bordschütze* im Gefechtsturm an der Flugzeugspitze.
8. Der Bordschütze im Gefechtsturm im Heck
9. Der Bordschütze im unteren Gefechtsturm
10. Der 2. Bordkanonier** im Rumpf

*Die Verkleidungen der Gefechtstürme bestanden großteils aus Plexiglas, hatten jedoch kaum eine Schutzfunktion, da nur in ganz beschränkten Zonen gepanzertes Sicherheitsglas eingesetzt wurde.
**Statistisch gesehen, waren die beiden Kanoniere im Rumpf des Bombers die Crewmitglieder mit den meisten Verwundungen durch Kampfeinwirkung

Die Mannschaften und Absturzorte der amerikanischen Bomber:
(an allen Absturzorten befinden sich Gedenktafeln mit deutschen und englischen Texten)

Liberator F0 42-52498 „Brendlkar“
Pilot 1st Lt. Lawrence R. CRANE POW/ gefangen genommen
Co-Pilot 2nd Lt. Robert R. KURTZ POW/ gefangen genommen
Navigator 2nd Lt. Joseph SPONTAK POW/ gefangen genommen
Engineer S/Sgt Leonard E. BRACKEN POW/ gefangen genommen
Engineer/Gunner S/Sgt Anthony J. JEZOWSKI POW/ gefangen genommen
Bombardier 2nd. Lt. Georg H. BRITTON POW/ gefangen genommen
Funker S/Sgt John S. COOPER POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Leeland T. ENGELHORN POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Lawrence J. HAMILTON KIA / gefallen
Schütze S/Sgt Charles F. SELLARS KIA / gefallen

Über das Schicksal dieser Mannschaft während der Kampfhandlungen und in späteren Tagen wird an anderer Stelle ausführlich berichtet.

 

Liberator 42-95284 „Wannig— Beim Wasser“

Pilot 1st Lt. Howard F. FIECOAT KIA / gefallen
Co-Pilot 2nd Lt. Robert C. JOHNSON KIA / gefallen
Navigator 2nd Lt. Seth C. BABCOCK Jr. KIA / gefallen
Bombardier 2nd Lt. Latham DENNING KIA / gefallen
Engineer T/Sgt Carl L TRIPP KIA / gefallen
Funker T/Sgt Ralp´h W. HERRINGTON KIA / gefallen
Schütze S/Sgt Clovis A. KENNEDY Jr POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Francis E. DYER POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Francis O. LEE POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Andrew S. KRESNAK KIA / gefallen

 

Liberator 44-41011 „Wampeter Schrofen“

Pilot 2nd. Lt Myron R. DODD POW/ gefangen genommen
Co-Pilot 2nd Lt. Leonard W. MATTER POW/ gefangen genommen
Bombardier 1st. Lt. Richard F. McDONALD POW/ gefangen genommen
Engineer T/Sgt William S. HOOPER POW/ gefangen genommen
Funker S/Sgt John KOSTICK KIA / gefallen
Schütze S/Sgt Willis L PRINCE KIA / gefallen
Schütze S/Sgt John W. LEMLEY KIA / gefallen
Schütze S/Sgt William R. CAMPELL KIA / gefallen
Schütze S/Sgt Ernest R. ZAMORA KIA / gefallen

 

Liberator 42-78308 „Biberwier“

Pilot 1st . Lt Lloyd N. CLARKE POW/ gefangen genommen
Co-Pilot 1st Lt. Patrick J. LOGAN POW/ gefangen genommen
Navigator 2nd Lt. Edward J. PALUCH POW/ gefangen genommen
Bombardier 2nd. Lt. Garber DE WITT KIA / gefallen
Engineer S/Sgt Thurlie D. COOKE POW/ gefangen genommen
Funker T/Sgt William BURTON POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Claire J. ALLRED POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Hoyt O. GEOGHAGEN KIA / gefallen
Schütze S/Sgt Vicotr E. BULLOCK KIA / gefallen
Schütze S/Sgt Albert A. PEARSON KIA / gefallen

Liberator 44-41017 „Hohe Munde“

Pilot 2nd. LT: Theodore G. POOLE KIA / gefallen
Co-Pilot 2nd Lt. Bernard LOWENTHAL POW/ gefangen genommen
Bombardier 2nd. Lt: Benjamin P. BENSON Jr POW/ gefangen genommen
Engineer T/Sgt Conard D. CROSTON POW/ gefangen genommen
Funker S/Sgt Weldon D. SQUYRES POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Robert W. SALMON POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Arthur F. REENTS POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Oscar C. ROGERS POW/ gefangen genommen
Schütze T/Sgt Albert S. HILL KIA / gefallen

Liberator 42-51137 „Wildermieming“

Pilot Capt. Stanley C. PACE POW/ gefangen genommen
Co-Pilot 2nd Lt. John L. ALLEN POW/ gefangen genommen
Navigator 1st Lt. John COOTE POW/ gefangen genommen
Bombardier 1st Lt. William I. TELLER POW/ gefangen genommen
Engineer T/Sgt Dennis A. HOLLAND POW/ gefangen genommen
Funker S/Sgt Henry S. BRUSCINSKI POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Steve SCHULTZ POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Samuel STRAHAM POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Dwight G. PERKINS POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Cleo H. JACKSON POW/ gefangen genommen

Liberator 41-29377 „Stams-Hauland“

Pilot 1st Lt. Wilbert ELLIOT POW/ gefangen genommen
Co-Pilot 2nd Fay C. BAILEY POW/ gefangen genommen
Navigator 2nd. Lt. James L CONNELl POW/ gefangen genommen
Bombardier 2nd Lt. Joseph C. SANFORD POW/ gefangen genommen
Engineer T/Sgt Alvin M. MURPHY POW/ gefangen genommen
Funker T/Sgt Robert J. GRIFFEN POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Gilbert D. KAPP POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Earl R. CUTLER POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Robert L. VALENTINE POW/ gefangen genommen
Schütze S/Sgt Jack BERNSTEIN POW/ gefangen genommen

 

Liberator 42-78322 „Lermoos“

Pilot Capt. Jack J. FAIVER KIA /gefallen
Co-Pilot 2nd Lt. James W. THORNTON KIA /gefallen
Navigator 2nd Lt. Richard E. THOMAS KIA /gefallen
Bombardier 2nd Lt. Leonard S. COX KIA /gefallen
Engineer T/Sgt Ralph P. SEHNERT KIA /gefallen
Funker T/Sgt Edwin E. NOLEN KIA /gefallen
Schütze S/Sgt Frank PERRONE KIA /gefallen
Schütze S/Sgt James R. ADAMS KIA /gefallen
Schütze S/Sgt William W. BRODERICK KIA /gefallen
Schütze S/Sgt Henry P. EGERTON KIA /gefallen

Dies war nicht nur der erste Bomber der abgeschossen wurde, sondern aus diesem Flugzeug konnte sich keiner der Mannschaft durch Fallschirmabsprung retten.

Die einzelnen Bomber-Mannschaften wurden schon während ihrer Ausbildungs- und Trainingszeit im Heimatland zusammengestellt, im Team auf die Einsätze vorbereitet und blieben in dieser Formation möglichst immer zusammen.

In den ersten Jahren des Krieges konnten die Mannschaftsmitglieder der US-Bomberbesatzungen nach 25 Feindflügen abrüsten und in ihr ziviles Leben zurückkehren. In späterer Folge wurde diese Zahl immer weiter nach oben verlagert und zum Kriegsende hatte man die Möglichkeit erst nach 50 Einsätzen aus der Airforce entlassen zu werden.


Der Kampfauftrag

Um 4 Uhr morgens am 3. Augst 1944 wurde der Bombergruppe 465 des 55. Geschwaders der 15. US-Luftflotte das heutige Angriffziel mitgeteilt. Der Auftrag lautete mit 34 Maschinen die Dornier-Flugzeugwerke in Manzell/Friedrichshafen* am Bodensee zu bombardieren.
Das 55. Geschwader startete um 6,44 h vom Flugfeld Pantanella in der Nähe von Cerignola Apulien, flog nach Norden über die Adria und schloss sich über dem Ort Donne de Piave (zwischen Venedig und Triest) zum Formationsflug, je 9 Maschinen in einer Box, zusammen. Von den 34 gestarteten Maschinen mussten wegen technischer Gebrechen zwei vorzeitig umkehren. Eine der Maschinen musste nördlich von Bozen zwei Bomben abwerfen um die Geschwindigkeit der anderen halten zu können. Der Flug führte über Brixen, das Ausserfern und dann über Bregenz, wo der Zielanflug in zwei Wellen und einer Flughöhe von ca. 6.9oo m eingeleitet wurde. Der schöne Sommertag mit leichter Bewölkung gestattete, es das Zielgebiet gut einsehen zu können.

Um 11:12 Uhr wurden von der US-Bombergruppe 278 Bomben auf das Zielgelände abgeworfen. Wenn auch die Besatzungen (siehe Brief von Lee Engelhorn) der Meinung waren ihren Auftrag bestens ausgeführt zu haben, kann nicht unerwähnt bleiben, dass das Flugzeugwerk nicht entscheidend getroffen wurde und sehr viele Bomben abgetrieben und im Bodensee landeten.**

Nach dem ausgegebenen Flugplan sollte nach dem Bombenabwurf die Staffel noch ca. 30 km weiterfliegen, über dem Ort Alzenau eine Kehrtwende einleiten, sich neu formieren und den Rückflug wieder über das Ausserfern nach Italien antreten. Bedingt durch den Ausfall eines Motors* beim Bomber des Piloten Crowden konnte dieser die Marschgeschwindigkeit nicht mehr halten und fiel zurück. Darauf verminderten auch die anderen Flugzeuge der Charlie-box ihre Geschwindigkeit, gingen auf eine um 1.800 m reduzierte Flughöhe, formierten sich zu einer Gruppe um mehr Schutz gegen angreifende, feindliche Jäger zu haben. Der Jäger-Begleitschutz der Gruppe blieb, wie es bei der amerikanischen Luftwaffe üblich war, bei der Hauptgruppe. Der Schutz zurückbleibender einzelner Flugzeuge oder kleinere Einheiten besaß keine Priorität.

Zu vermerken ist noch, dass im August 1944 an 21 Tagen vom Flugfeld Pantanella Angriffe gegen Hitlerdeutschland bzw. besetzte Gebiete geflogen wurden. So wurde am 2. August der Hafen von Genua und am 6. August Verkehrsanlagen in Avignion/Frankreich bombardiert.

* Durch Geheimdienstmeldungen war der amerikanischen Kriegsführung bekannt, dass in diesen Tagen die Produktion der ersten deutschen Düsenjäger anlief. Da in der Nähe auch noch Wasserstoff-Superoxyd für die Raketen-Triebwerke der V-2 und für die Raketenjäger erzeugt wurde, waren diese Werke als eines der wichtigen strategischen Ziele der deutschen Rüstungsindustrie angesehen.
** Mit 75 % Treffsicherheit hatte diese Bombergruppe die besten Werte aller Gruppen und wurde vom Colonel Air Corps George Achesons auch dafür ausgezeichnet.


Der Luftkampf

Die auf Ihrem Rückflug nunmehr zurückhängende und ohne Begleitschutz fliegende kleine Bombergruppe blieb auch der Aufklärung der deutschen Jagdflieger nicht unbemerkt. Das IV Sturm Jagdgeschwader 3 Udet, des Fliegerhorstes Kaufbeuren/Allgäu wurde alarmiert und der Einsatzbefehl zum Angriff auf die Bombergruppe gegeben.
Die flinken Jagdflieger der Typen Focke Wulf 190 und Messerschmitt Me 109 unter der Führung von Uffz. Willi Unger haben sich im Schutze tiefliegender Wolken an den losen Verband herangepirscht und mit 4 Schwarmformationen von je 4 Jägern einen Bomber als Ziel vorgenommen. Angriffspunkt war hauptsächlich das Heck der Bomber. Der Überraschungseffekt scheint voll aufgegangen zu sein, denn bis sich die Bomberbesatzungen auf diese Situation einstellen konnten, waren einige Bomber schon schwer getroffen. Die Jäger, die jetzt auch schon die ersten Treffer abbekommen hatten, flogen noch einen zweiten Angriff. Aus dem Bericht von Lee Engelhorn und aus Aussagen von Antony Jezowsky (beide im Bomber vom Brendlkar) war durch die erhaltenen Treffer, durch den Lärm der schießenden , eigenen Bordkanonen, durch ausfallende Gesprächsverbindungen und teilweise brennende Motoren, die Hölle los. Von amerikanischer Seite wurde vermutet, dass die deutschen Jagdflieger über eine neuartige Munition verfügten, die kurz vor dem Einschlag auf die Bomber explodierte und so eine verheerende Wirkung ausübte. Acht Liberator Bomber mit 79 Mann Besatzung wurden abgeschossen, 30 amerikanische Crewmitglieder kamen an diesem Tag in Tirol zu Tode. Die Flugzeuge stürzten in Waldstücke, (Biberwier, beim Wasser, Hauland) zerschellten auf Felsen (Wampeter Schrofen, Hohe Munde), krachten auf Wiesen (Lermoos, Wildermieming) oder ins Brendlkar. Augenzeugen berichteten, dass jeder Bomber bei Bodenbe rührung in einer Stichflamme explodierte, was auf die noch in großer Menge vorhandenen Treibstoffvorräte der Bomber zurückzuführen war und immer wieder hochgehende Munition zu hören war.
Einer der deutschen Jäger stürzte dabei in die Gartnerwand, ein anderer 200 m oberhalb der Lermooser Alm ab. Der Pilot zwar schwer verletzt, konnte sich dort durch Fallschirmabsprung retten. Feldwebel Unger, damals 24-jährig, stürzte mit seiner Maschine im Knittelkar in einer Höhe von 2.000 m ab, konnte sich durch Fallschirmabsprung retten, trat mit seinem Fallschirm den Abstieg an und meldete sich noch am gleichen Tag bei seiner Einheit als - „vom Edelweißpflücken zurück“ - im Offizierskasino in Altenau/Schongau. Arno Peters verbrennt nach Notlandung in Martinau im Flugzeug, Karl Heinz von der Steinen landet verletzt mit seinem Fallschirm, Franz Zimkeit bohrt sich mit seiner Maschine zwischen Ehenbichl und Rieden in den Schloßberg und wird in Pflach begraben. Der Leichnam von Harald Ottovordemenschtgenfelde wird erst im Jahr 1974 von den Berwangern Jakob Sprenger, Herbert Weißenbach, Wolfgang Sprenger und Paul Eisenmann im Gebiet des Hönig in fünf Meter Tiefe gefunden und geborgen. Hans Scholz stürzt am Lehnberg bei Obsteig in den Tod, Otto Pissot verliert am Grubigstein sein Leben. Das Durschnittsalter der gefallenen Piloten betrug 22 Jahre!

Aus Aufzeichnungen amerikanischer Stellen und bestätigt durch ein Interview mit A. Jezowski ist berichtet, dass im Bomber 42-52498 (Brendlkar) der Schütze Hamilton im allgemeinen Durcheinander des brennenden Flugzeuges, seinen Fallschirm nicht finden konnte, das Angebot eines seiner Kameraden einen Doppelabsprung mit dem Fallschirm zu unternehmen abgelehnt hat und verzweifelt nach dem Reservefallschirm gesucht hat, der üblicherweise im Heck des Bombers untergebracht sein sollte. Pilot Crane sagte allerdings nach Kriegsende aus, dass sich an diesem Tage kein Reservefallschirm an Bord der Maschine befunden hätte.
Es kann daher angenommen werden, dass Hamilton ohne Fallschirm den niedergehenden und nach Norden abschmierenden Bomber verlassen hat. Seine Leiche, noch bekleidet mit dem beheizbaren US-Luftwaffenanzug wurde erst im Sommer 1947 von einem Hirten am Fuße der Griesspitzen gefunden. Der Fundort ist das Geröllfeld zur Grünsteinscharte ca. 1,5 km von der Hauptaufschlagstelle entfernt.
In amerikanischen Quellen, die aus Befragungen heil zurückgekehrter Bomberbesatzungen zusammengestellt wurden war vermeldet, dass aus dem Bomber „Brendlkar“ neun Fallschirmabsprünge gesichtet wurden, der Bordschütze Hamilton galt daher 2 Jahre lang als vermisst.
Die flehenden Briefe seiner Mutter, Mrs. Regina Hamilton, an die Eltern von Kameraden ihres Sohnes, wie auch an die amerikanischen Stellen und das Internationale Rote Kreuz bezeugen Ihre Verzweiflung, ihre Hoffnung und das große Leid, das sie in dieser Zeit durchgemacht hat.

Die Bilanz dieses Luftkampfes sieht daher insgesamt 16 Abschüsse, mehrere schwere Beschädigungen an Flugzeugen und letztlich 35 Tote und mehrere Schwerverletzte auf beiden Seiten.
Innerhalb von Minuten war das Gefecht beendet, 50 Männer gehen mit unbekanntem Ziel und Schicksal mit ihren Fallschirmen dem „rettenden“ Boden entgegen, rauchende und brennende Bomber und Jagdflugzeuge reißen Schneisen in die Wälder, zerschellten und explodieren im Gelände oder in den Felsen. Die geruhsame Stille des Tales an diesem schönen Sommertag war einem dramatischem Kriegstag gewichen.


Absprung und Landung

Es ist berichtet, dass 49 Besatzungsmitglieder aus den tödlich getroffenen Bombern aussteigen und sich mit dem Fallschirm retten konnten. Der Großteil von ihnen ist im Bereich des Fernpasses niedergegangen, andere im Bereich Marienbergjoch/Grünsteinscharte. Soweit sie den Abstieg Richtung Biberwier genommen haben, sind sie von einer aus Garmisch anrückenden deutschen Einheit gefangen genommen worden. Alle die ihr Abstieg in Richtung Holzleiten, (Süden) geführt hat, sind über Telfs nach Innsbruck gebracht worden.
Zwei im Bereich Igelsee/Seeben gelandete Amerikaner (aus dem Bomber „Hohe Munde“) sind dort zu dem damals 42-jährigen Theodor Schretter, vulgo Hoisler Theo gestoßen, der an diesem Tag 82 Kälber der Ehrwalder Bauern gehütet hat. Nachdem ihm die beiden Männer verständlich zu machen versuchten, sich in der neutralen Schweiz zu wähnen, bzw. sich in die nahe Schweiz durchschlagen zu wollen, haben sie ihm ihre Pistolen und ihre Notrationen und Teile der Fallschirme ausgehändigt und ließen sich auf die nahe gelegene Ehrwald Alm, genauer zum Gasthof „Alpenglühn“ des
„Hutler Luis“ führen. Als sie dort in der Gaststube das obligatorische Hitlerbild erblickten, war ihnen wohl klar, nicht in der Schweiz zu sein. Theodor Schretter ist darauf hin mit den beiden nach Ehrwald abgestiegen, wo sie auch einige Beschimpfungen über sich ergehen lassen mussten.
Da einer der Männer einen Babyschuh als Talisman bei sich trug, er sich beim Wegkreuz unterhalb der Hofkapelle bekreuzigte ist anzunehmen, dass er ein Vater und katholischen Glaubens war.
Über das weitere Schicksal dieser beiden Männer nach der Übergabe an die örtlichen Behörden ist nichts bekannt.
Sehr wohl ist bekannt, dass noch am 3. August 1944 gegen 22 Uhr 14 tote US-Männer im Beisein des Ortspfarrers und des Totengräbers Krux in Lermoos begraben wurden. Obwohl bei einigen getöteten Männern Rosenkränze gefunden wurden und man annehmen konnte, dass es sich um Personen mit katholischem Glaubenbekenntnis gehandelt hat, ist die Grablegung im sogenannten, ungeweihten Teil des Friedhofs vorgenommen worden, der ungetauften Kindern und Andersgläubigen vorbehalten war.

Die Reste des im Flugzeugwrack des „Brendlkar-Bombers“ umgekommenen Charles F. Sellars sind von deutschen Soldaten mit Benzin übergossen und angezündet und an Ort und Stelle begraben worden. Eine Schule aus Innsbruck hat später dort ein kleines schmiedeeisernes Kreuz aufgestellt und mit der nicht ganz zutreffenden Inschrift „Hier ruht ein amerikanischer Pilot - Juli 1944“ versehen.

Die fünf im „Wampeter Schrofen Bomber“ getöteten Männer wurden unweit der Absturzstelle, nahe dem Schachtkopf begraben. Über Grablegungen aller anderen gefallenen Amerikaner ist den Autoren nichts bekannt. Anzunehmen ist, dass die Männer aus den Flugzeugen „Hohe Munde“ und „beim Wasser“ in Leutasch bzw. Nassereith beerdigt wurden.

Sehr wohl bekannt ist, dass nach Beendigung des Krieges alle bekannten Gräber amerikanischer Soldaten und Luftwaffenangehörigen exhumiert und Ihre Gebeine auf den Kriegerfriedhof St. Avold in Lothringen, Frankreich verlegt wurden. Dies trifft auch für die Gräber im Brendlkar und am Schachtkopf zu. Es ist überliefert, dass die amerikanischen Stellen bei der Exhumierung am 2. u. 3. Juni 1946 in Lermoos darauf bestanden, dass sie von den gleichen Personen durchgeführt wurde, die sich für die unübliche Grablegung im abgelegenen Teil des Friedhofes so stark gemacht hatten. Ganz vereinzelt, wie z.B. im Falle von Willis Prince ("Wampeter Schrofen") wurden die Gebeine auch in ihre Heimat nach den USA überführt.

Einen ungewöhnlichen Verlauf nahm wohl die Rettung des Bordschützen Arthur Reents aus dem „Hohe Munde Bomber“. Er dürfte mit einem seiner Kameraden in letzter Sekunde aus dem Bomber gesprungen und auf einem Felsvorsprung knapp unterhalb des Gipfels der Hohen Wand gelandet sein, der dort mit gewaltigen Wänden zum Gaistal abbricht. Er konnte weder vor noch zurück und hätte dort wohl sein Leben beendet. Als jedoch die nach dem Absturz ausrückende Leutascher Bergrettung am Fuße der Hohen Wand die Leiche eines amerikanischen Fliegers bargen, hörten sie Rufe aus der Höhe und konnten den armen Arthur auf dem Felsvorsprung ausmachen. Sie waren jedoch auf eine Rettung aus der Steilwand weder vorbereitet noch ausgerüstet und versuchten ihm klarzumachen, auszuhalten. Bei dieser Person handelte es sich um den Pilot der Maschine 2nd Lt Theodore Pool, der mit dem Fallschirm in der Steilwand der Hochwand niedergekommen sein dürfte.
An einem der nächsten Tage, es muss wohl der 6. August gewesen sein, sind dann 5 Männer unter Leitung von Josef Wegscheider in die Wand eingestiegen und zum Ausharrenden hinauf geklettert. Angeseilt, musste er mehr oder weniger über die Felsen hinausgedrängt und abgeseilt werden. Während der ganzen Rettungsaktion kam kein Wort über seine Lippen, erst als er am Fuß der Wand wieder sicheren Boden gespürt hat, soll er sich mit den Worten „Nice work boys“ bedankt haben. Keith Bullock hat später in Erfahrung gebracht, dass Reents eine deutsche Mutter hatte und über gute Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt haben soll.

Joseph Spontak, der Navigator aus dem „Brendlkar Bomber“ sagte uns bei seinem Besuch im Sommer 2000 in Ehrwald, dass er aus dem Flugzeug heraus in eine Wolke gesprungen sei. Nieder gekommen sei er unweit einer Hütte, die zu seiner Überraschung mit Hitler-Jungen besetzt war. Dabei muss es sich um die alte Marienberg Hütte gehandelt haben, die während der Krieges als Ausbildungsplatz der HJ benützt wurde. Von dort wurde er ohne irgendwelchen Feindseligkeiten ausgesetzt zu sein zum Posten Lermoos gebracht und von dort, vorbei am brennenden Bomber im Moos, ins RAD-Lager* im Weidach nach Ehrwald. Nach verbrachter Nacht ist er am nächsten Tag nach Garmisch abtransportiert worden. Die Marienberghütte ist in den Kämpfen um den Fernpaß am Ende des Krieges von amerikanischer Artillerie vollkommen zerstört und nicht mehr aufgebaut worden.

Antony Jezowski, Bordingenieur und Kanonier im oberen Gefechtsturm im Bomber „Brendlkar“ schilderte mir auf seinem Golfplatz in Linwood, Michigan, die letzten Sekunden im Flugzeug wie folgt. Ohne Kontakt zu anderen Mitgliedern der Crew war er voll damit beschäftigt, die Angreifer abzuwehren. Der schlingernde Bomber und die wendigen, aus der Sonne kommenden deutschen Jäger machten es nicht leicht, wirkungsvolle Treffer anzubringen. Als er spürte, dass er für den eigenen, schwer getroffenen und im Heck brennenden Bomber nichts mehr tun konnte, kletterte er aus dem Turm in den Rumpf hinunter, fand dort keinen seiner Kameraden mehr vor, griff seinen Fallschirm und stürzte sich durch den Bombenschacht ins Freie. Er dürfte in der Gegend des Höllkopfes auf einem kleinen Schneefeld gelandet sein, hat sich seines Fallschirms entledigt und ist den Abstieg ins Tal und für ihn in eine unbekannte Zukunft angetreten. An der Waldgrenze im Bereich der Lehnbergalm ist er auf zwei Holzarbeiter gestoßen, die ein Gewehr bei sich hatten, ihn jedoch nicht bedrohten und ihn ins Tal geleiteten. In Telfs wurde er dann für eine Nacht inhaftiert und am nächsten Tag in einem offenen Auto nach Innsbruck gebracht. Als der Wagen an einem Steinbruch anhielt, glaubte er, dass jetzt seine letzte Stunde geschlagen hätte und er erschossen würde. Dem war jedoch nicht so, sondern es war einer der mitfahrenden Bewacher, der dort ein Geschäft zu erledigen hatte. Mittels Zug wurde er weiter nach München verbracht, wo er aufgrund seiner Schilderung ein weiteres Mal um sein Leben bangte. Als er nämlich aus dem Zug bugsiert wurde, sah er sich einem total zerstörten Bahnhof und einer Stadt in Trümmern gegenüber, deren Straßen tiefen Gräben gleich, vom Schutt gesäumt waren. Er war fest überzeugt, dass ihm das alles nur vorgeführt werden sollte um ihn als dafür schuldig anzusehen und ihn zu liquidieren.

Einen anderen höchst abenteuerlichen Verlauf nahm das Schicksal des Lee Engelhorn, Kanonier im unteren Gefechtsturm, auch aus dem Bomber „Brendlkar“. Nachdem sowohl die Sprechverbindung, Strom, wie auch die Hydraulik des waidwunden Bombers ausgefallen waren, konnte er, den durch einen Treffer arg beschädigten Plexiglas-Gefechtsturm an der Unterseite des Bombers nicht wie gewohnt verlassen. Dieser drehbare Turm mit Doppelmaschinengewehr wurde zum Gefecht hydraulisch ausgefahren. Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte gelang es ihm den Gefechtsturm so weit hinaufhieven, um in den Rumpf des Bombers zu kommen, konnte im rauch- und flammenerfüllten Bomber keinen seiner Kameraden ausmachen und stürzte sich kopfüber mit seinem Fallschirm aus dem Bombenschacht. In allen 4 Gefechtstürmen der Liberator-Bomber herrschte eine derartige Enge, dass nur schlanke Männer mit Körpergröße von höchstens 170 cm für diese Position ausersehen waren.
Er dürfte weitab von den anderen Kameraden in Nähe der Grünsteinscharte gelandet sein, war im Bauch und an der Hüfte verletzt und hatte einen Schuh verloren. Trotzdem fasste er den Entschluss, sich nicht zu ergeben und sich, wie er glaubte nahe neutrale Schweiz, durchzuschlagen. Mehr geschleppt als gegangen, hat er nur in den Nachtstunden, gegen den frühen Morgen hin, seine Verstecke verlassen, sich von Beeren und mit den Händen ausgegrabenen Kartoffeln ernährt und ist über den Holzleitensattel ins Gurgltal gekommen. Helfen sollte ihm dabei das mitgeführte Taschentuch, auf das eine Karte von Mitteleuropa aufgedruckt war. Wie er berichtete, war dies jedoch aufgrund des großen Maßstabs von keinerlei Wert.
Am 19. August , also 16 Tage nach dem Absturz, wurde er am frühen Morgen am Ortsrand von Strad, nahe der Ortschaft Tarrenz, von Kindern beim Äpfelstehlen beobachtet. Verletzt, geschwächt und ausgehungert und total dehydriert hat er sich daraufhin ins nächste Bauernhaus begeben, wurde dort von den Frauen notdürftig versorgt und verpflegt, letztlich aber doch den Behörden in Imst gemeldet. Mittels einer Beiwagenmaschine wurde er von 2 Soldaten vorerst dorthin verbracht, ärztlich versorgt und inhaftiert.

Lee Engelhorn hat nach seiner Rückkehr in die Heimat sein Studium beendet und wurde Professor in einer Hochschule in San Diego, Kalifornien. Heute lebt er dort als Pensionist und ist nur mehr schwer dazu zu bewegen, über seine Dienstzeit zu berichten.

Antony Jezowski, lebt heute als Besitzer zweier 18-Loch Golfplätze in Linwood, Michigan, nahe der Stadt Bay City. Unverkennbar ist, dass die jetzt 57 Jahre zurückliegenden Ereignisse an ihm traumatische Spuren hinterlassen haben und er, nicht einmal mit seinen inzwischen erwachsenen Kindern, gerne über diese Zeit sprechen will. Dennoch sind wir ihm sehr dankbar, dass er uns authentische Schilderungen der Ereignisse um den 3. August 1944 und die über Zeit der Gefangenschaft in Deutschland gegeben hat.

Über die anderen mit Fallschirmen gelandeten US-Flieger gibt es kaum Aufzeichnungen. Alle im Raum Lermoos, Biberwier, Ehrwald Gelandeten sind von der aus Garmisch anrückenden 50 Mann starken Gebirgsjägereinheit unter dem Kommando von Kreisleiter Höllwart noch am gleichen Tag gefangen genommen und abtransportiert worden. Am 4. August 1944 wurden im Bereich Obermieming die letzten 7 Gelandeten aufgegriffen und nach Innsbruck verbracht. Bis auf wenige Ausnahmen haben alle gefangen genommenen Amerikaner berichtet, dass ihnen von der Bevölkerung Anteilnahme und jede mögliche Hilfe entgegengebracht wurde. Auch ist den Verletzten in den Spitälern alle medizinische Hilfe zuteil geworden.


Die Märsche

Gefangen genommene Luftwaffenangehörige fremder Mächte wurden von den Deutschen in eigene Lager, in sogenannte „STALAG LUFT“ verbracht. Diese Lager waren über das ganze Reichsgebiet verstreut. Soweit bekannt ist, sind alle gefangen genommenen Amerikaner des 3. August über das Lager Oberursel (Engelhorn am 23. Aug. 44) letztlich im Lager STALAG LUFT IV in Grosstychow, nördlich von Stettin an der Ostsee gelandet.
Wie Antony Jezowski erzählte, war die Behandlung dort den Umständen entsprechend gut, sie wurden einigermaßen verpflegt und das internationale Rote Kreuz konnte Kontakt mit ihnen aufnehmen. Dadurch sind die meisten Angehörigen in der USA über das Schicksal ihrer Männer und Söhne informiert worden.

Schlagartig geändert hat sich jedoch die Situation, als die russischen Truppen sich gegen Ende 1944 anschickten in das Deutsche Reichsgebiet vorzudringen.
Um die ausgebildeten und kampferfahrenen Flieger nicht in die Hände der Russen fallen zu lassen, wurde ein Lager nach dem anderen aufgelöst und die Gefangenen in Marsch nach Westen gesetzt. Nahrungsmangel, schlechte Bekleidung, kaltnasses Wetter und fehlende Unterkünfte bei Nacht, machten diese Märsche zu einer einzigen Überlebensfrage. Gerade angekommen im Lager STALAG IX in Fallingsbostel, südlich von Hamburg, wurde das Lager wieder evakuiert, die Männer nach Altengrabow in Marsch gesetzt, um den jetzt aus Westen anrückenden Amerikanischen Truppen zu entgehen. Das Gefangenenlager Altengrabow bestand aus mehreren Zirkuszelten, ohne jeglicher sanitärer Einrichtungen. Viele waren dieser Tortur nicht gewachsen, konnten nicht mehr weiter, wurden einfach zurückgelassen. Antony Jezowski, der uns als einer der Überlebenden sein Schicksal schilderte, wurde letztlich Anfang Mai 1945 in Bitterfeld, nördlich von Halle/Leibzig befreit und konnte bald darauf in die USA zurückkehren.

Alles in allem dauerten diese Märsche 86 Tage und führten über eine Distanz von fast 1000 Kilometern. Man nimmt an, dass dabei 1300 amerikanische Luftwaffenangehörige ums Leben gekommen sind.

In Grosstychow, im jetzigen Polen, ist an der Stelle des ehemaligen Lagers STALAG IV eine kleine Gedenkstätte errichtet worden.


Die Erinnerungstafeln

Nachdem im Jahr 1999 die Geschichte dieses Luftkampfes weitgehend recherchiert war, die amerikanischen Angehörigen und vor allem Stanley Pace,* Kommandant und Pilot des Liberator-Bombers „Wildermieming“ entsprechende, finanzielle Unterstützung zusagte, wurden unweit aller 8 Absturzstellen Gedenktafeln montiert.

Die gravierten Tafeln in der Größe von 20x30 cm befinden sich:

Für Liberator „Lermoos“ im Heldenfriedhof oberhalb der Kirche. Dort befindet sich auch ein Propeller dieses Flugzeuges. (Der eigentliche Absturzort dieses Bombers ist ca. 300 m nördlich der Lermooser Kirche im Moos)

Für Liberator „Biberwier“ an einem großen Stein am Panoramaweg von Biberwier nach Ehrwald, ca. 50 m nach Überquerung der Lifttrasse. (Der eigentliche Absturzort befindet sich ca. 100 m dahinter am Fuße des waldigen Abhanges)

Für Liberator „Wampeter Schrofen“ an einem Felsen am Jubiläumssteig ca. 200 m südlich des Schachtkopfes. (Der eigentliche Absturzort ist etwas oberhalb am Fuße der Felswand des Wampeter Schrofens, wo dieser in die Sandreise übergeht).

Capitan Pace konnte sich aus dem brennenden Bomber durch Fallschirmabsprung retten, hatte jedoch schwerste Verbrennungen erlitten. Eine junge Frau (wahrscheinlich aus Obsteig) spritze ihm und einem seiner Kameraden das mitgeführte Morphium. Als am nächsten Tag die verbrannten Hände von Pace anschwellen, schnürt ein Ring seinen Finger ab. Ein Zahnarzt in Innsbruck hat den Ring fachmännisch zerschnitten und in die Brusttasche des Amerikaners gesteckt. Er hat ihn reparieren lassen und trägt ihn heute noch. Pace: „Beide haben etwas getan, was sie nicht tun hätten müssen."

Für Liberator „Beim Wasser“ an der 4. Wegkehre zur Muthenau Alm (Nassereither Alm) genau über dem Blindsee.
(Der eigentliche Absturzort befindet sich ca. 200 m oberhalb im Lawinenstrich vom Feber 1998).

Für Liberator „Hohe Munde“ am Wegkreuz über der Leutascher Schlucht am Weg durchs Gaistal.
(Der eigentliche Absturzort befindet sich an der gegenüber liegenden Felswand der Hohen Munde.)

Für Liberator „Hauland“ an der Aussenseite der alten Kapelle im Weiler Hauland über dem Stift Stams im Inntal.
(Der eigentliche Absturzort befindet sich im sogenannten Fliegerschlag unweit und etwas unterhalb der Kapelle).

Für Liberator „Wildermieming“ im Innern der Kapelle in der Wiese westlich des Dorfes.
(Die Absturzstelle ist unweit davon in Richtung Wildermieming in den Feldern)

Für Liberator „Brendlkar“ am kleinen schmiedeeisenen Kreuz direkt an der Absturzstelle. Diese liegt ca. 400 m östlich des Brendlsees an dem kaum begangenen Steig von dort zur Scharte zwischen den Igelsköpfen. (Das linke Landebein dieses Bombers liegt 400 m entfernt direkt am Steig zum Tayatörl.


Das Monument

Als von Seiten des Museumsvereins der Entschluss gefasst wurde, in Ehrwald ein Zeichen zum Gedenken an den schicksalhaften Tag im Kriegsjahr 1944 zu errichten, war es der Gemeinderat des Dorfes, der diesem Ansinnen spontan seine Zustimmung gegeben hat. Als Stätte für die Errichtung wurde das Kriegerdenkmal im Mittelpunkt des Ortes zugewiesen.

Der Stein, ein Monolit aus Granit wurde im Steinbruch Mauthausen, Oberösterreich, gewonnen. Der Turbolader stammt vom Liberator Nr. 44-41017 der an der Nordseite der Hohen Munde im Gaistal zerschellt ist. Dieses Bauteil ist erst im Sommer 2000 aus der Leutascher Schlucht geborgen worden, nachdem es wahrscheinlich durch Lawinenabgänge dorthin transportiert wurde. Entdeckt wurde er im Winter 1999 von Andreas Gruber aus Reith bei Seefeld, der den Fund zwar nicht identifizieren jedoch seinem Kollegen Helmut Loitzl davon mitgeteilt hat. So ist die Kunde von diesem Flugzeugteil letztlich auch dem Autor dieser Broschüre zur Kenntnis gelangt, der sich dann um die Bergung bemühte. Der aus Leichtmetall, vom bekannten Flugmotorenbauer Pratt & Whitney gefertigte, axial angetriebene Lader ist ohne weitere Behandlung im Zustand der Auffindung geblieben.
Es ist hier und jetzt die Gelegenheit allen zu danken, die durch Geldspenden, durch tatkräftige Hilfe und durch Wohlwollen zum Gelingen beigetragen haben.
Der Dank für Geldspenden ergeht an: Stanley Pace, an die ehemalige 780th Sqadron, George Britton, Lee Engelhorn, Betty Bracken, Bill Kurtz, Joseph Spontak, Gerd Leitner, Daniel Bullock, Raiffeisenkasse Ehrwald, Teresa Dyer, Joan Moody, Margaret M. Burghart, Debra Beson, Gemeinde Leutasch
Der Dank für tatkräftige Mithilfe ergeht an: Luis Gander (er hat alle Tafeln und das Monument montiert) Erhard Hundertpfund, Helmut Loitzl, Andreas Gruber, Fa. Kreidl, Firma Baumeister Schennach, Fa. Steger, Fa. Intersport-Leitner, Gemeinde Ehrwald. Für Idee und Gestaltung des Monuments zeichnete Gerd Leitner verantwortlich.


Nachhang

Noch während des Krieges wurden fast alle Teile der Bomberwracks einer neuen Verwertung zugeführt. Fundstücke in kleinerem Ausmaß finden sich nur noch an der Absturzstelle Wampeter Schrofen. Eine Ausnahme bildet die Absturzstelle Brendlkar. Dieses Wrack wurde erst nach Kriegsende von Altmetallhändlern aus Innsbruck geplündert und mit Tragtieren zu Tal gebracht. Dabei wurden sämtliche Leichtmetallteile des Rumpfes und der Flügel, wie alle verwertbaren elektrotechnischen Teile und Motoren abtransportiert. Heute im Jahr 2001 liegen dort aber immer noch die beiden stark demolierten Pilotensessel, Armierungsplatten, die 4 Kurbelwellen und Zylinderlaufbuchsen, Auspuffteile, alle 4 Abgas Turbolader, die schweren, hydraulisch verstellbaren Propellernaben, demolierte Sauerstoffflaschen und jede Menge nicht zuzuordnender Gestängeteile, Leitungen und Teile der Flakwesten* der Mannschaft. Durch die Hitzeeinwirkung des brennenden Bombers sind Aluminiumteile teilweise mit dem steinigen Untergrund verschmolzen.
Fast unversehrt liegt dort eines der schweren, hydraulischen Landebeine zwischen den Wrackteilen. Das zweite Landebein - sie waren während der Fluges in die Flügel eingeklappt - ist vor dem Aufprall abgebrochen und liegt allein in ca. 300 m Entfernung am Steig über dem Brendlsee.

Wie eine pelzgefütterte, lederne US-Bomberjacke in den Besitz eines jungen Ehrwalder kam, ist von íhm wie folgt geschildert worden:
„Im August 1994 war auf der Ehrwalder Alm im Haus Wetterwand eine Abteilung der Heeres Nachrichtenschule Halle-Saale stationiert. Für den Hüttenbetrieb verantwortlich war der Hüttenwart Wildgruber, dem ich als damals 17-jähriger zur Hilfe zugeteilt war. Von unserer Hütte aus war der Absturz des Flugzeuges bis hinter den Iglskopf gut einzusehen. Noch an diesem Tag machten sich Soldaten auf den Weg um zur Absturzstelle zu kommen, konnten jedoch das Wrack nicht finden. Es ist wahrscheinlich, dass der ortskundige Wirt des Almgasthofes Posch als Erster zur Absturzstelle gekommen ist. Noch heute dient eine Aluminiumfelge dieses Bombers als Blumenschüssel im Vorgarten seines Hauses auf dem Weg zur Alm.

Drei Tage nach dem Ereignis, es wird wohl der 6. August 44 gewesen sein, wurde mir und dem 10-jährigen Enkel des Wildgruber endlich auch gestattet ins Brendlkar aufzusteigen. Wir benutzten den auch schon in dieser Zeit kaum begangenen Jägersteig auf der Seite des Iglskopfs. Das Flugzeugwrack war nicht leicht auszumachen, da es in einer großen Mulde hinter einem Moränenkegel gelegen ist. Noch bevor wir uns dem immer noch brennenden Flugzeug genähert haben entdeckten wir ca. 200 m oberhalb des Wracks unter Latschen eine größere Tasche. In dieser befand sich eine Lederjacke in deren linker Seitentasche ein Päckchen Camel-Zigaretten und eine 1 Dollar Note. Da wir Angst hatten, die Tasche samt Inhalt würde uns von den Soldaten abgenommen , haben wir sie nahe der Alm im Gebüsch versteckt und erst am nächsten Morgen ins Haus gebracht. Dort bestand Wildgruber darauf, dass die Jacke ihm gehören würde, weil es letztlich sein Neffe war, der den Fund als erster bemerkt hatte. Durch Übergabe eines Siegelrings ist die Jacke dann doch noch in meinen Besitz gekommen. Ich besitze sie heute noch.“

Dieser Schilderung der Auffindung der Jacke könnte durch den Umstand bekräftigt werden, als dass das Heck des Bombers vor dem Aufschlag abgebrochen ist, was entsprechende Fundstücke am Brendlkar bestätigen. Es ist durchaus möglich, dass im Heck der Maschine diese Tasche verstaut war, herausgeschleudert wurde und dadurch unversehrt geblieben ist. Auf Befragungen hin konnten sich weder der Bordingenieur (Jezowsky) noch der Navigator (Spontak) erinnern, dass sie eine derartige Tasche mitgeführt hätten.


Das Kriegsende in Ehrwald

Ehrwald hat im zweiten Weltkrieg noch zwei weitere Kampfhandlungen erlebt: Am 20. April 1945 um 17,45 Uhr haben zwei amerikanische, mittelschwere Bomber (wahrscheinlich B-25 Mitchell bzw. Lockheed P 58 Lightning“ die Talstation der österreichischen Zugspitzbahn mehrmals im Tiefflug von Süden aus angeflogen und mehrere Bomben abgeworfen. Dabei wurde das der Talstation angebaute Hotel von einem Volltreffer fast gänzlich zerstört. Eine Person wurde dabei schwer und drei weitere leicht verletzt. Dass es nicht zu weiteren Opfern gekommen ist war dem Umstand zu verdanken, dass die dort untergebrachten Kinder ausgebombter deutscher Familien rechtzeitig in den Wald und damit in Sicherheit gebracht wurden. Eine, zu dieser Zeit in der Dorfkirche Ehrwald versammelte Kinderschar sollte gerade vom damaligen Pfarrer Raggl auf die bevorstehende Erstkommunion vorbereitet werden. Im vermeintlich bombensicheren Kirchenturm wurde das Ende des Bombenangriffs abgewartet.

Die Talstation der Bahn und die Seilbahn selbst erlitten keinen nennenswerten Schaden, wenn man davon absieht, dass das Tragseil durch Bordwaffenbeschuss zwar getroffen, jedoch nicht echt beschädigt wurde. Die vornehmlich aus Holz gebaute Bergstation der Bahn wurde durch Bordwaffenbeschuss ziemlich in Mitleidenschaft gezogen.
Die Seilbahn hat bald nach Kriegsende ihren Betrieb wieder aufgenommen und bis zur Außerdienststellung im Jahr 1991 ohne Zwischenfälle funktioniert.
Der Angriff an diesem Tage war darauf zurückzuführen, dass der 20. April der Geburtstag Hitlers war und es Geheimdienstmeldungen gegeben haben soll, dass er diesen Tag auf Deutschlands höchstem Berg verbringen würde. Dem war jedoch nicht so.
Am 30. April 1945 war für Ehrwald der zweite Weltkrieg zu Ende. Noch am Vortag wurde das im Bereich des Ortsteil Weidach gelegene RAD-Lager* (Reichs-Arbeitsdienst-Lager) aufgegeben und mehr oder weniger zur Plünderung freigegeben. Alles was nicht niet- oder nagelfest war, konnte von den Einheimischen gebraucht werden. Unübersehbar waren die rot-weiß karierten Dirndlkleider, gefertigt aus den Vorhängen der Lagerbaracken, die die Damenwelt des Dorfes in diesen Tagen kleideten. Begehrt und nicht im Lager verblieben sind auch die schwarzen „RAD-Fahrräder“, die in den ersten Nachkriegsjahren sehr wesentlich zur gesteigerten Mobilität der Dorfbevölkerung beigetragen haben.
Unzähliges Material und Fahrzeuge wurde auch von den über den Fernpass abrückenden deutschen Kampfeinheiten im Dorf zurückgelassen.
Am frühen Morgen des 30. April ist die 44. US-Infanteriedivision und die 10. US-Panzerdivision der 7. Armee** von Reutte aus vorgerückt. Im Bereich Obergarten hatte sich eine ca. 60 Mann starke SS Truppe verschanzt und die anrückenden Panzer beschossen. Nachdem ein amerikanischer Panzer in Brand geschossen war, zogen sie sich etwas zurück und beschossen nun ihrerseits mit zusätzlicher Artillerieunterstützung die Häuserzeile, die vollkommen zerstört wurde und damit dieser Widerstand gebrochen war.
Daraufhin wurde das Feuer auf das Zentrum von Lermoos verlegt und dort beträchtliche Schäden an Gebäuden angerichtet. 9 Einwohner wurden dabei getötet, 11 deutsche und 4 amerikanische Soldaten im brennenden Panzer fanden ebenfalls den Tod. 74 Menschen wurden obdachlos.
Diese Kampfhandlungen konnten von Ehrwald aus bestens beobachtet werden. Verständlich, dass sich innerhalb der Bevölkerung Angst breit machte, dass es nun auch zu einem Beschuss von Ehrwald kommen würde, zumal im Moos schon die ersten Granaten einschlugen. Zurückgebliebene deutsche Einheiten verhinderten vorerst das Hissen einer weißen Fahne auf dem Kirchturm und damit das Signal an die Angreifer, dass sich der Ort kampflos übergeben würde. Erst um die Mittagszeit wurde dann dem zivilen Druck nachgegeben und am Kirchturm ein großes Leintuch ausgehängt. Daraufhin sind dann gegen 13 Uhr die ersten amerikanischen ShermanPanzer, begleitet von Infanterie mit Jeeps, die Dorfstraße hinaufgefahren, wurden von den einheimischen verängstigten Frauen, Kindern und Alten an den Straßenrändern mehr bestaunt als begrüßt. Eine noch im Dorf verbliebene deutsche Luftwaffeneinheit - ca 25 Mann - hat beim Gemeindeamt ihre Waffen niedergelegt und sich in Reih und Glied beim Gasthof Grüner Baum den Amerikanern ergeben. Bemerkenswert an diesem denkwürdigen Tag war auch, dass sich der Uhrmachermeister Hermann Leitner sen.- 79-jährig - nicht davon abhalten ließ, seine Haustüre am Kirchplatz zu bemalen und die an ihm vorbeirückenden amerikanischen Soldaten mit unwirschen tirolerischen Ausdrücken bedachte.

Der weitere Vormarsch der Amerikaner hat sich dann allerdings um 2 bis 3 Tage verzögert, da die abrückenden deutschen Einheiten an zwei Stellen die Fernpassstraße abgesprengt hatten (über dem Blindsee und über dem Riegelbach) und vor allem aber darum, weil sich auf der Passhöhe noch einmal deutscher Widerstand formierte. Dazu waren bestens getarnt auf der Höhe des jetzigen Rasthauses „Zugspitzblick“ zwei 8.8 cm Flakgeschütze postiert, die mehrere vorrückende Panzer über den Blindsee hinweg beschossen und getroffen hatten. Der darauf vollzogene Rückzug entsprach der allgemeinen amerikanischen Kriegstaktik, wobei in Fällen stärkeren Widerstandes ein weiteres Vorgehen der Truppen ge stoppt wurde und diese erst wieder in Marsch gesetzt wurden, wenn der feindliche Widerstand durch Artilleriebeschuss weitgehend gebrochen war.
Damit war in Ehrwald die Hölle los. Einen Tage und eine Nacht lang wurde der Fernpass unter Dauerfeuer schwerer Artillerie genommen. Sämtliche Fensterscheiben in der Nähe der Geschützstellungen gingen zu Bruch. Durch diesen massiven Beschuss sind letztlich auch die beiden Flakgeschütze über dem Blindsee ausgeschaltet worden, wie auch sämtliche Gebäude am Fernpass zerstört wurden. Auch die Marienberghütte ist dem Erdboden gleich gemacht worden.
Man erzählt sich, dass ortskundige Einheimische daran beteiligt waren, einen amerikanischen Spähtrupp über den alten Römerweg in den Rücken der deutschen Stellungen zu bringen und auch das Artilleriefeuer auf die verbliebenen Widerstandsnester zu leiten. Diesem Umstand soll von den amerikanischen Stellen für den Kampf um den Fernpass entscheidende Bedeutung zugemessen worden sein.

Erschwert wurde den Amerikanern der Vormarsch auch dadurch, dass in der Nacht zum 1. April ein Kaltlufteinbruch mit Schneefall einsetzte. Ehrwald glich einem Heerlager.Überall standen Fahrzeuge, Geschütze und Panzer. Viele Häuser mussten geräumt werden, um die Soldaten vor Kälte und Nässe zu schützen. Die Stäbe wurden in den Hotels „Maria Regina“ und „Sonnenspitze“ eingerichtet. Panzer und Fahrzeuge wurden zum Zweck besserer Isolation mit Matratzen und Federbetten aus Häusern bedeckt, was einen recht skurrilen Eindruck machte. Schmerzlich war für die einheimische Bevölkerung auch der Umstand, dass im Dorf verbliebene Lebensmittelbestände und andere Ausrüstungsgegenstände der abgezogenen deutschen Wehrmacht samt und sonders verbrannt wurden. Dies sollte jedoch nicht den Eindruck aufkommen lassen, dass sich die Amerikaner gegenüber den Bewohnern des Dorfes in irgend einer Weise negativ benommen hätten. Ganz im Gegenteil, haben sie doch von ihren eigenen Beständen so mancher Familie etwas abgegeben. Hochbegehrt waren in diesen Tagen bei den Kindern des Dorfes weggeworfene Zigarettenstummel und Kaugummis, die allesamt wieder verwertet wurden.

Die abgesprengten Straßenteile wurden von den amerikanischen Pionieren bald wieder instand gesetzt und somit ist der Großteil der US-Kampfeinheiten nach Brechung des letzten Widerstandes am Fernpass und der Gefangennahme von 70 deutschen Landsern ins Inntal vorgerückt. Der verbissene Kampf um die Passhöhe dauerte zwei Tage und dabei sind nicht weniger als 100 Soldaten beider Seiten getötet bzw. schwer verwundet worden.

Auf dem weiteren Vorrücken Richtung Innsbruck sind die Amerikaner auf keinen wesentlichen Widerstand gestoßen und haben dort am 7. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation der noch im Amt befindlichen deutschen Machthaber erlebt. Das ganze Ausserfern und damit auch Ehrwald wurde Mitte Juni 45 der französischen Armee zur Besetzung übergeben. Ihre Appelle und Marschübungen am Kirchplatz in Ehrwald waren die erstem Attraktionen, die die Nachkriegsbevölkerung miterleben konnte.

In späterer Folge wurde das Dorf zu einem „Leave-Center“ für die englische Wehrmacht, womit der Fremdenverkehr nach dem zweiten Weltkrieg seine bescheidenen Anfänge nahm.

Wenn auch durch die hier beschriebenen Kriegshandlungen in Ehrwald keine einheimischen Personen zu Schaden kamen, darf nicht unerwähnt bleiben, dass an den verschiedenen Kriegsschauplätzen des Zweiten Weltkriegs insgesamt 64 Ehrwalder Männer und Söhne ihr Leben lassen mussten.


Quellen

Keith Bullock
Antony Jezowsky
Joseph Spontak
Victor J. Cleary
Ken Decker
Willi Unger
Oskar Bösch
Florian Spielmann
Alois Kerber
Anton Hundertpfund
Erhard Hundertpfund
„Consolidated B-24 Liberator“ John & Donna Campbell
„Bomber des 2. Weltkriegs“ David Donald
„Himmelsstürmer“ Philip Makanna
„The forbidden diary“ John L. Stewart
„75 Jahre Ford“ Ford Nederland
„Tiroler Chronist“ Dez. 1996
„Flight Manual for B-24 Liberator“ National Defense of USA
„Ad Lib in WWII“ William Carigan
„The Soldier“ „B-24“ Dan Patterson
„Consolidated B-24 Liberator“ Martin W. Bouwman
„Fighter Wing“ Tom Clancy
„RAF Bomber Airfields of WWII“ Jonathan Falconer
„Im Bombenkrieg Tir. und Vlbg“ Th. Albrecht, Arno Giesinger
„Kampftage im Ausserfern“ Friedrich Mader
„Oberland Aktuell—TT“ vom 4. Aug. 1994
„Vermisst“ Werner Gribig
Bildmaterial v. Eric Mombeek, Neil, Page, Claes Sundin

Fotodokumentation über den Ehrwalder Luftkampf vom 3. August 1944

Foto links: Der sechstausendste B24-Bomber verläßt die Produktionsstätte in Willow Run.
Foto rechts: Kanzel eines B24-Bombers im Airforce Museum in Dayton Ohio.
Foto links: Der sechstausendste B24-Bomber verläßt die Produktionsstätte in Willow Run.
Foto rechts: Kanzel eines B24-Bombers im Airforce Museum in Dayton Ohio.
Foto links: Antony Jesowski (Brendlkar) mit Gerd Leitner in Linwood, 2001.
Foto rechts: Jagdflieger Oskar Bösch (geb. in Lustenau, Vorarlberg).
Foto links: Antony Jesowski (Brendlkar) mit Gerd Leitner in Linwood, 2001.
Foto rechts: Jagdflieger Oskar Bösch (geb. in Lustenau, Vorarlberg).

Stanley Pace kehrt nach fast 60 Jahren an den Ort des Geschehens zurück

Foto (von links): Anna Wolf, Keith Bullock, Luise Gabl, Stanley Pace, 2001.
Foto (von links): Anna Wolf, Keith Bullock, Luise Gabl, Stanley Pace, 2001.

Stenlay Pace erinnert sich: "Unser Flugzeug brannte total. Alle elf an Bord konnten sich mit Fallschirmen retten. Ich landete in einem Wald. Das brendende und besatzungslose Flugzeug stürzte auf ein Feld bei Wildermieming".
Luise Gabl war Augenzeugin: "Ich bin mit meinem Vater auf einem Feld gestanden. Das Flugzeug ist direkt über uns ins Trudeln geraten. Wir haben gedacht, es stürzt direkt auf uns. Dann ist es aber doch noch seitlich weg und in ein Feld gestürzt".
Pace gerät mit schwersten Verbrennungen in Gefangenschaft und erlebt zwei Momente der Menschlichkeit: "Ich konnte mir das Morphium, das ich bei mir hatte nicht spritzen - wegen meiner Verletztungen. Das hat dann eine junge Frau gemacht". Am nächsten Tag schwellten die verbrannten Hände des Amerikaners an, sodass ihm ein Ring den Finger abschnürte. Pace wurde zu einem Zahnarzt nach Innbruck gebracht, der den Ring aufbohrte. Diese zwei Personen haben etwas getan, was sie nicht tun hätten müssen. Den Ring hat Pace reparieren lassen, er trägt ihn immer noch.
50 Jahre später war es so weit: Stenlay Pace war auf Einladung von Keith Bullock in Wildermieming und traf dort auf die beiden Augenzeugen Luise Gabl und Anna Wolf.

 

Weitere Bilder aus dem Ehrwalder Luftkampf vom 3. August 1944

Foto links: Wrack einer B24 an der Absturzstelle in Lermoos.
Foto rechts: Bergung des toten Fliegers unter der Hochwand (Hohe Munde).
Foto links: Wrack einer B24 an der Absturzstelle in Lermoos.
Foto rechts: Bergung des toten Fliegers unter der Hochwand (Hohe Munde).
Foto links: Aufstieg der Bergrettung Leutasch zur Rettung von Arthur Reents (Hohe Munde).
Foto rechts: Geretteter Amerikaner Arthur Reents.
Foto links: Aufstieg der Bergrettung Leutasch zur Rettung von Arthur Reents (Hohe Munde).
Foto rechts: Geretteter Amerikaner Arthur Reents.
Foto links: Lee Engelhorn 1944 (Brendlkar).
Foto rechts: Jagdflieger Willi Unger im Jahr 1994.
Foto links: Lee Engelhorn 1944 (Brendlkar).
Foto rechts: Jagdflieger Willi Unger im Jahr 1994.
Foto links: Marienberghütte (zerstört Mai 1945). Josef Spontak landete mit seinem Fallschirm nahe der Hütte am 3. Juni 1944.
Foto rechts: Besuch von Josef Spontak im Haimatmuseum Ehrwald (Sommer 2000) Personen von links nach rechts: Gerd Leitner, Josef Spontak, Keith Bullock
Foto links: Marienberghütte (zerstört Mai 1945).
Josef Spontak landete mit seinem Fallschirm nahe der Hütte am 3. Juni 1944.
Foto rechts: Besuch von Josef Spontak im Haimatmuseum Ehrwald (Sommer 2000)
Personen von links nach rechts: Gerd Leitner, Josef Spontak, Keith Bullock
Foto links: B24 - Liberator im Flug über die Alpen
Foto rechts: B24 - Heckturm mit Doppelbordkanonen
Foto links: B24 - Liberator im Flug über die Alpen
Foto rechts: B24 - Heckturm mit Doppelbordkanonen
Foto links: Crew "Beim Wasser" 1944
Foto rechts: Überlebende, gefangene Amerikaner nach ihrer Befreiung im Frühjahr 1945 (Crew "Brendlkar", ganz links Lee Engelhorn)
Foto links: Crew "Beim Wasser" 1944
Foto rechts: Überlebende, gefangene Amerikaner nach ihrer Befreiung im Frühjahr 1945
(Crew "Brendlkar", ganz links Lee Engelhorn)

Ein ziviles Kriegsschicksal

Keith Bullocks „Suche“ nach Augenzeugen zu seinen Ermittlungen über Lee Engelhorn, der sich nach seinem Fallschirmabsprung vom Ehrwalder Luftkampf verletzt, geschwächt und ausgehungert bis nach Strad schleppte, führte ihn zu Paula Weißeisen, geb. Neuner.
Im Gespräch mit Paula über Lee Engelhorn erfuhr Keith auch ihr persönliches Kriegsschicksal. Knapp vor Kriegsschluss am 5. Mai 1945 um 20.15 Uhr ereignete sich ein schwerer Unfall, der eigentlich vermeidbar gewesen wäre: Ein amerikanischer GI hantierte, obwohl er zur Vorsicht aufgefordert wurde, mit seiner MP vor einer Gruppe von Leuten, die abends vor der Haustüre auf der Bank saßen. Dabei löste sich ein Schuss und verletzte die erst 18 jährige Paula Neuner aus Strad so schwer am linken Bein, dass selbiges in der Folge am Oberschenkel amputiert werden musste.

Foto links: Paula Neuner, eine der ersten Augenzeugen, die den US-Flieger Lee Engelhorn in Strad beim "Äpfel stehlen" beobachteten.
Foto rechts: Bauernhaus in Strad, in dem Lee Engelhporn notdürftig versorgt wurde.

Foto links: Paula Neuner, eine der ersten Augenzeugen, die den US-Flieger Lee Engelhorn in Strad beim "Äpfel stehlen" beobachteten.
Foto rechts: Bauernhaus in Strad, in dem Lee Engelhporn notdürftig versorgt wurde.

 

Text und Bilder dieses Beitrages entsprechen dem Inhalt der Broschüre "3. August 1944" des Heimatmuseums Ehrwald.
Im Sommer 2001 wurde diese Dokumentation von Gerd Leitner und Paul Richter nach den Recherchen von Keith Bullock und Aufzeichnungen von Gefechtsteilnehmern verfaßt.