Bullock > B24 Absturz Toblach - Wahlen MACR 12840 / 28. Feb. 1944

Der Katastrophe entronnen

Mittwoch, 28. Februar 1945 - 28. Februar 2009 - 64 Jahre danach.
Dem Kriegsende nahe, drohte den Orten Toblach-Wahlen höchste Gefahr durch einen abstürzenden amerikanischen B24 Bomber.

Den amerikanischen Militärarchiven zufolge, ließ die 15. amerikanische Luftwaffe  am 28. Februar 1945 in Süditalien / Stornara 680 schwere Bomber (B24 und B17) starten, um Lienz, Auer, Brixen, Sterzing, Franzensfeste, Bozen und Bruneck anzugreifen. Immer war den Fliegermannschaften bewusst, dass sie einem ungewissen Schicksal entgegenschweben würden und im Briefing wurden sie speziell auf die im Raum Bozen, Brixen, Sterzing präzise feuernden FLAK-batterien hingewiesen.

9 US Flugzeuge  abgeschosssen
Colonel Cartwrightund Toblach-Wahlen wäre indirekt beinahe zum Handkuss gekommen. Mit 9 weitern Luftwaffesoldaten an Bord aus der 456zigsten Bombergruppe näherte sich auch der Pilot William J. Cartwright (Bild) mit seinem Flieger „Cecelia“ von Süden kommend Albeins und entlud seine Bombenlast auf die Albeinser Bahnbrücke. Die Besatzung registrierte gebannt die rundum die explodierenden Flakgeschosse, als plötzlich ein mächtiger Schlag ihren Liberator B24 erschütterte. Das Plexiglas der Nase vorne zersprang in tausend Splitter, nur mehr einige Aluminiumstreben hielten die Nase des Flugzeugs vorne zusammen, der Bombenschacht war aufgerissen worden sodass Pilot Cartwright sofort Alarmstufe ROT signalisierte. Auf diese Havarie hin gab es große Kursprobleme, Villnöss wurde überflogen, dann zeigte der Bordkompass eine Nordost-Richtung an.

Erstes Opfer
Tödliches Ende für den sich vorne in der Plexiglasnase befindlichen Bombardier Lt. David Lander. Er hatte sich noch festhalten können oder war eingklemmt, aber über Villnöss / Flitz stürzte er aus dem unter seinen Füßen gähnenden Loch in die Tiefe. Das wurde von Villnöss/St. Peter aus beobachtet und der Unglückliche fand eine vorläufige, würdige Ruhestätte im dortigen Friedhof. (Bild)
Der Cartwrightbomber zeigte sich nur mehr bedingt manövrierfähig, die Motoren heulten schon unkontrolliert auf, auch der Copilot Lt. Andrew J. Cooney hing blutüberströmt vor seinen Armaturen. Nur mehr ein tieferes, sanfteres Gelände für den Absprung konnte den Rest der neunköpfigen Mannschaft vor dem gemeinsamen Tode retten.

Panik und kühle Überlegung
durchsetzte die Mannschaft (Bild) vor dem Absprung zwischen Welsberg und Toblach, nur für wenige Sekunden war das Fenster für einen sicheren Absprung noch offen. Pilot Cartwrigth stieß den verletzten Cooney mit dem Fallschirm aus dem Flieger, um ihn anstelle des todbringenden Aufpralls im  Flieger eine bessere Überlebenschance zu geben. Der MG-Schütze Campbell musste über das Loch, aus dem Lander gefallen war, hinwegklettern, um an seinen Fallschirm zu gelangen, dann erst konnte er abspringen. Schließlich raste der Bomber brüllend auf Toblach zu, bereits gefährlich nieder schwankte er weiter Richtung Wahlen um sich dann  nahe der Enzianhütte  in die dortige steile Wiese zu bohren. Weder ein Mensch noch ein Gebäude waren wie durch ein Wunder in Toblach und in Wahlen zu Schaden gekommen, obwohl die Katastrophe durch den Einschlag des Bombers in eines der beiden Ortszentren im wahrsten Sinne des Wortes in der Luft lag. Infolge der mangelhaft ausgerüsteten Feuerwehr und der winterbedingt geringen Löschwassermenge hätte ein gewaltiger Feuersturm einsetzen können. Auch das aus Florenz in die Toblacher Kaserne verlagerte Instituto Geografico Militare war in Gefahr.

Cartwright
Crew
Stehend:
Pilot Lt. W. Cartwright, Copilot Lt. A. Cooney +,
Bombardier Lt. D. Lander +, Sgt. W. Walters,
Navigator Lt. G. Grapka fehlt im  Bild
Kniend:
Kneeling: Sgt. J. Cooper,  Sgt. W. Campbell,
Cpl. R. Schwab,  Sgt. L. LeBlanc, Sgt. G. Swanter.


Fundstücke und erhaltene Fliegerteile
Aus dem Code GK 32 (Bild) konnte eindeutig der Flugzeugtyp B24 identifizieret werden.
Eine Panzerplatte des Fliegers diente in einem Haus als perfekter Amboss, bei einem anderen Hof  wurde ein größerer Fahrwerksteil (Bild) und eine pneumatische Kapsel des Fliegers entdeckt. Ein Bauer durchkramte erfolgreich seine Werkstatt nach  jenen Kugellagern (Bild), die er als Junge beim Flieger ausgebaut  und als großen persönlichen Schatz lange gehütet hatte.

               Fundstücke des Flugzeuges    Ein Kugellager    Platte mit Kennnummer 

Zeitzeugenberichte und US-Dokumente
Zwei Holz liefernde Burschen zu Wahlen glaubten ihre letzte Minute sei gekommen, als der Bomber ein Stück oberhalb von ihnen in die Erde fuhr, Feuer, Rauch, Stichflammen und Explosionsdonner ihren Schrecken verstärkend. Doch schon bald nach den herbeigeeilten deutschen Wehrmachtsoldaten erschienen verschiedene „Beutejäger“, unter ihnen Schulkinder, die statt den Religionsunterricht zu besuchen nach Zuckerln und Schokolade die Absturzgegend durchkämmten. Der Wahlener  Pfarrer musste  wütend nach seinen fehlenden Schülern fahnden lassen. Ein Fallschirmspringer wurde nahe der Enzianhütte gestellt,  als Freundschaftszeichen für ihn gab es  einen Tiroler Knödel, welchen er aber aus Sicherheitsgründen ablehnte zu verspeisen.

Copilot Lt. J. Cooney
wurde blutüberströmt  nach US-Dokument MACR 12840 aus dem Flieger gestoßen. Zeitzeugen glauben, es wäre ein Toter verbrannt im Flieger gefunden worden. Bestätigt ist, dass ein Toter Amerikaner (Lt. Cooney) vor der Wahlener Kirche aufgebahrt worden war und man  seinen Abtransport Richtung Toblach beobachtet hat. In US- Dokumenten steht, dass er nach Cortina! gebracht und dort begraben wurde.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass ein/der Amerikaner (Lt. Cooney?) von deutschen Wachen erschossen worden wäre. Das Loch im Kopf des Toten stammt aber sicher von einem FLAK–splitter, das ausgeströmte, eingetrocknete Blut täuschte  Verbrennungen vor, andere glaubten sogar einen „Neger“ zu erkennen. Die acht der zehnköpfigen Mannschaft wurden in unmenschlicher Art über Bozen nach Nürnberg und dann ins Lager Moosburg verfrachtet, konnten aber nach ihrer Befreiung in die USA zurückkehren.

                                                      Totenschein eines Crew Mitgliedes

Heute in Vermont USA
lebt die Witwe des abgestürzten Piloten William Cartwright, der 1997 verstorben ist. In einem persönlichen Brief erwähnt sie die Dankbarkeit ihres Ehemannes gegenüber den deutschen Ärzten im Meraner Lazarett. Dort hatten diese mit primitiven chirurgischen Mitteln seine verletzte Hand Williams so wiederhergestellt, dass er auch nach dem Krieg noch als Airforce-pilot tätig sein konnte. Das traurige Ende seines Copiloten Lt. Cooney hat er nie erfahren.

Dank an die Zeitzeugen
und an die vielen anderen Interessierten, durch deren Hilfe es erst möglich war, dieses Kriegsereignis vom 28. Februar 1945 aufzuklären. Für das Pustertal bleiben aber noch 2 Fälle ungeklärt. Wer weiß über einen kleineres, amerik. Kriegsflugzeug Bescheid, das angeblich im Raum Welsberg- Niederdorf- Toblach- Innichen abgestürzt sein soll, dessen Pilot sich aber vorerst mit dem Fallschirm hatte retten können? Wer hat Informationen über jenen Flieger, der im Stefaner Wald oberhalb von St. Lorenzen tatsächlich abgestürzt ist?

Informationen bitte an Roland Domanig.
Telefon: +43 4852 65 941
eMail: domanig.tirol@utanet.at